Bereits die alten, heidnischen Völker mochten die kollektiven Feiern, wie z.B. Festzüge, Einweihfeste, die Veranstaltungen der Massenvergnügung (s. Amphitheater, Ritterturniere, Rennen). Sie hielten Prozessionen zur Verehrung ihrer Götter.
Sándor Bálint schreibt: „Die Religiosität war schon immer ein grundlegendes Erlebnis der Menschheit. Die Kirchen, die Klöster übten eine entscheidende Wirkung auf das Volk einer Gegend aus, nicht nur aus religiösen, sondern auch aus anderen Aspekten. Die Wirkung der Wallfahrtsorte ist noch tiefer und lebendiger. Die Wallfahrt ist einer der typischsten Äußerungen des katholischen Volkes.” (Sándor Bálint, Sacra Hungaria)
Die Wallfahrt ergreift den Menschen in seiner elementarsten Dimension: auf der Ebene des kollektiven Erlebnisses. Wie sie sich ansammeln, unter den kirchlichen Flaggen abzählen, wie sie betend, singend auf den Straßen, durch die Dörfer schreiten. Wie die Pilger zum Wallfahrtsort ankommen, die Jungfrau begrüßen, Ihr bewegt sich, ihre Verwandten, Schwierigkeiten, Kranken anbieten; wie sie unter den vielen, anderswoher gekommenen Gläubigen an der Messe teilnehmen, das alles bedeutet ihnen ein unaussprechliches Erlebnis. Eine Art Erhabenheit fällt den Pilger, Teilnehmer der Wallfahrt an.
Vor der Gnadenstatue haben sie das Gefühl, dass die Heilige Mutter Mutter von sie alle ist… diese viele verschiedenen Menschen sind also untereinander: Geschwister…
Wenn sie zur Wallfahrt gehen vergessen sie ihre alltägliche Sorgen, erdulden gerne die Anstrengungen des Weges, die Hitze der Sonne, oder gerade die Verregnung. Und das alles warum? Weil wir „zu Hause genug sündigen, lasst uns mindestens jetzt büßen…” Das wichtigste Element der Wallfahrt ist also das gläubige, reuige, büßende Gemüt, deshalb empfangen die Pilger die Sakramente (Beichte, Kommunion). Selbst die Wallfahrt ist eine Bußeübung.
Eine Ahnung vom Gemüt der Wallfahrt kann nur derjenige haben, der mindestens einmal die verschiedenen Etappen der Wallfahrt belaufen hat und die kollektiven Erlebnisse der Gläubigen beobachtet hat. Wenn er in die Andacht der Pilger einstimmen konnte, mit ihnen gebetet, gesungen hat, versteht er, ahnt er noch besser den Zuspruch, die Faszination der Wallfahrt.